Wir Deutschen sind ja jetzt nicht gerade Weltmeister im Fluchen. Der Berliner versucht es mit Armleuchter, Knallkopp, Flitzpiepe (oder in Neukölln: Hurensohn und Hässlischkeit), aber gegen den omnipräsenten cazzo der Italiener oder das gepflegte fucketyfuck im Englischen sind wir doch wirklich harmlos.
Denn unser Universalschimpfwort heißt Scheiße. Deshalb macht es ja auch keinen Spaß, Pulp Fiction auf Deutsch zu gucken. Aus „Shut the fuck up!“ wird dann „Halt deine Scheißfresse.“ Bitte? Wer redet denn so?
Später wurde dann das „verfickt“ erfunden. Aber ganz ehrlich, was soll das denn sein? Klingt eher wie ein Ausrutscher: „Oh, pardon, ich glaube, ich hab mich verfickt.“
Erschwert wird die korrekte Übersetzung dadurch, dass die Anglophonen ja auch noch ihren eigenen shit haben. „This is some fucked-up shit“ wird dann im Deutschen zu „Das ist ein Scheißscheiß.“ Oder so.
Spätestens an dieser Stelle fragt Ihr Euch: „Was ist eigentlich mit Büronymus los, verdammte Scheiße?“ 😀 Ich sag’s Euch.
Aufgrund der in meiner auf sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Einleitung dargelegten Fakten zur deutschen Vorliebe fürs Fäkale war ich nämlich Zeit meines Lebens der Annahme, dass ein „Scheißtag“ eben einfach nur ein beschissener Tag ist. A shitty day, una giornata di merda.
Um dann auf Twitter unverhofft eines Besseren belehrt zu werden:
An "Scheißtagen" holten dt. Knechte im 18./19.Jh. die durch Toilettengänge versäumte Arbeitszeit nach – unbezahlt. https://t.co/gBxkyY6Czh
— Verrückte Geschichte (@drguidoknapp) January 16, 2017
Wikipedia weiß es ganz genau:
Scheißtag
Als Scheißtage wurden in Süddeutschland und Österreich unter Knechten und Dienstboten die zusätzlichen ein bis drei unbezahlten Arbeitstage bezeichnet, die die von ihnen beanspruchte Zeit für die Verrichtung des Stuhlgangs während der vereinbarten Anstellung ausgleichen sollten.
Diese Praxis gab es im 18. und 19. Jahrhundert, vereinzelt sogar bis in das frühe 20. Jahrhundert. Die „Scheißtage“ wurden nach Ablauf des Dienstvertrages, meist nach Lichtmess, oder am Ende eines jeden Jahres am 29. Dezember geleistet.
Heutzutage wird der Begriff „Scheißtag“ vulgär-umgangssprachlich für einen schlechten Tag verwendet.
Heilige Scheiße! Kannste Dir nicht ausdenken. 😀 Die Scheißtage waren natürlich nicht besonders beliebt – wer arbeitet schon gern für umme.
Man stelle sich vor, noch heute bekäme jeder am Jahresende eine Abrechnung der Klozeiten. Ich wäre fein raus, denn ich verbringe immer möglichst wenig Zeit auf dem Lokus. Andererseits heißt es ja, man soll mindestens zwei Liter Wasser am Tag trinken – und dann rennt man eben öfter. Naja, gottseidank sind diese Zeiten vorbei.
Obwohl… Ich erinnere mich gerade an ein Unternehmen, in dem eine irregeleitete Führungskraft tatsächlich die Toilettengänge der Mitarbeiter mit der Stoppuhr beaufsichtigt hatte. (Dieser Person setzte ich später ein Denkmal als „Stasi“ in meinem Kollegen-Quartettspiel „Kampf der Abteilungen“.)
Natürlich ist es nicht rechtens, Mitarbeiter auf dem Klo auszuspionieren! Oder?! Wie so oft lautet die Antwort der Juristen: „Kommt drauf an.“
Der Gang zur Toilette gilt grundsätzlich als Arbeitszeit, allerdings müssen sich die Toilettenzeiten im normalen Rahmen bewegen. Und was normal ist, wird individuell entschieden. Bei Krankheit darf es schon mal länger dauern. Von Zäpfchen auf Kosten des Arbeitgebers hab ich jedenfalls noch nichts gehört. 😛
Überhaupt wird dem Persönlichkeitsrecht des Klogängers ein hoher Stellenwert eingeräumt. Videoaufnahmen aus dem stillen Örtchen sind z. B. nicht erlaubt. (Wär ja auch noch schöner.) Einen Missbrauch der Toilettenzeiten muss der Arbeitgeber detailliert nachweisen, was aber angesichts der rechtlichen Einschränkungen schwer werden dürfte.
Vor allem: Was soll das denn sein, ein Missbrauch der Toilettenzeiten? Zeitung lesen auf dem Klo? Mails checken? Und wenn das berufliche Mails sind? Zählt ein Nervenzusammenbruch in der Kabine? Oder eine kurze Meditation? Irgendwo muss man ja wieder zu sich kommen nach, ähm, seltsamen Erlebnissen.
Scheiße Mann, was bin ich mal wieder froh, selbstständig zu sein. Freiheit auch auf dem Klo! Andererseits: Immerhin werden Angestellte für diese unproduktive Zeit bezahlt. Wobei – „unproduktiv“ ist ja wohl das falsche Wort. 😛
An dieser Stelle habe ich endlich Gelegenheit, Euch mein Lieblings-GIF aller Zeiten vorzustellen. Und zwar thematisch 1A passend!
(In meiner Begeisterung habe ich den Text sogar vertont, aber das erspar ich Euch lieber.)
Also, vielleicht verdeutlicht Ihr Euch das, liebe Angestellten, wenn Ihr mal wieder auf dem Büroklo hockt: Ihr kriegt Geld dafür. Gute Laune! 🙂
Und Scheißtage sind längst abgeschafft.
Bitte folgen Sie mir unauffällig! Auf Twitter und Facebook.
Zu Deinem Artikel ein kleines Gespräch zweier 8-jähriger Mädchen vor einiger Zeit.
Girl 1: Wie schreibt man eigentlich Scheiße?
Girl 2: Schreibt man klein.
Girl 1: Ach ja, ist ja ein Wie-Wort.
😉 LG aus dem verf**** kalten München
😀
Wieder was gelernt.
Heisst das dann, dass man an Scheisstage nicht Blau machen konnte? 😉
Ich bin mir ja ziemlich sicher, dass es Arbeitgeber gibt, die gern die Zeit auf dem Lokus nicht bezahlen wollen würden. Ich erinnere mich, ist schon wieder ein paar Jährchen her, da gab es tatsächlich mal einen AG, der hat seinen AN genau deswegen verklagt. Doof nur, dass der AN im genannten Zeitraum Magen- bzw. Verdauungsprobleme hatte und das auch noch per Arzt bestätigen konnte. Dumm gelaufen. Aber zeigt, wie manche so ticken.
Das ist echt traurig. So schön ist es ja in der Regel nicht auf dem Klo, als dass man dort stundenlang ausharren wollte. ?
Ne, so schön ist nicht mal mein Bad daheim XD
Hey, trifft sich gut dein Post! Anstatt die Fachzeitschriften zu lesen, heute mal ein Kommentar direkt vom Örtchen. Ja, auch ich gehöre zu den Menschen, die die Zeit auf dem Thron ausnützen anstatt die graue Tür anzustarren. So ist mein Organismus schon immer darauf ausgerichtet, mindestens 15 Minuten Verweildauer zu benötigen, damit er zufrieden ist.
Somit lohnt es sich Lektüre mitzunehmen. Früher Asterix und Co. heute eher Gesetzestexte. Wobei manche das Örtchen nicht mehr verlassen, weil die so schlecht sind, dass sie am bestem hinuntergespült werden. Neuerdings dann das Smartphone. So hat der Arbeitgeber doch für super WAN Empfang gerade in den Sanitär Räumen gesorgt.
Und im Übrigen, das ist nicht nur bezahlte Zeit, das Wasser und die Seife bekommt man auch geschenkt. Das T-Papier nicht zu vergessen.
Einziger Wermutstropfen, wenn ein Toilettennachbar zu laute Geräusche von sich gibt. Aber dafür habe ich ein Taschenmesser. Ich schließe die frei Nachbartoilette vorher ab. Hehe. Man will schließlich in Ruhe bezahlt werden.
😀 😀 😀
[…] wo wir gerade bei Bildung sind, passt ein anderer Beitrag aus dem Feedreader ganz hervorragend. Lydia von Büronymus erklärt, was ein „Scheißtag“ in Wirklichkeit ist. Zum Glück gehört so ein Scheiß […]
[…] Was für ein Scheißtag […]
Post auf Deutsch, Memes auf Englisch. Warum denn? Sind Memes immer nur auf Englisch? Sind Englische memes universal?
Denke schon, ja. Vor allem, wenn es Original-Filmzitate sind. 😉 Ich könnte auch selbst Memes auf Deutsch basteln, aber deutsche Worte sind oft zu lang und weniger knackig. Einsilbige Worte haben mehr Wucht. Aber ich kann’s ja mal versuchen, WHY NOT?