Früher hat jeder einfach selber entschieden. Aber dann schuf der Gott des Managements den Entscheider (und die Entscheiderin*). Die entscheidende Aufgabe des Entscheiders ist, zu entscheiden. Und zwar nachdem er gründlich in sich gegangen und eine gangbare Lösung gefunden hat. Oder aber jemanden konsultiert hat, der Ahnung hat und ihm dabei hilft, die Entscheidung zu treffen. (Was aber voraussetzt, dass das Entscheider-Ego akzeptieren kann, dass es jemanden gibt, der auf irgendeinem Gebiet mehr Ahnung hat als er selbst.)
Oder aber der Entscheider delegiert die Entscheidung. Dann ist alles so wie früher.
Leider ist das graue Theorie. Denn de facto gehört der Entscheider einer vom Aussterben bedrohten Art an. Viel häufiger anzutreffen ist der Nicht-Entscheider – eine Mutation, die sich in den letzten Jahren dank ihrer Zermürbetaktik immer mehr durchgesetzt hat und die ursprüngliche Art zu verdrängen droht.
Vom Nicht-Entscheider existieren sechs Abarten:
1. Der Prokranis Verschieber
Er (oder auch sie) trifft gern Entscheidungen – aber nicht JETZT. Jetzt ist einfach der falsche Zeitpunkt. Außerdem kann man noch gar nicht absehen… „Kommen Sie doch in zwei Wochen noch mal vorbei.“ Und natürlich heißt es in zwei Wochen: „Damit kommen Sie erst jetzt? Das hätte doch schon längst über die Bühne gehen müssen!“
2. Der Vergesser
Während der Verschieber wenigstens noch eine Ahnung, dass da mal etwas war, das entschieden hätte werden sollen müssen, gehabt hat 🙂 , weiß der Vergesser von nichts. Dass ihm das ganze Projekt schon mal vorgestellt worden war, er schon Feedback gegeben hat und dieses sogar umgesetzt wurde – hä? Für ihn ist jedes Mal das erste Mal. Und aus Prinzip schreibt er sich nichts auf, sondern hat immer alles im Kopf.
3. Der Halbentscheider
Er tut nur so, als würde er Entscheidungen treffen und wird daher auch Entscheider-Darsteller genannt:
„OK, wenn Sie so viel zu tun haben, kann ja jemand anders einen Teil Ihrer Aufgaben übernehmen.“
„Wer denn?“
„Das sehen wir dann schon.“
4. Der Boomerang
… ist selber ahnungslos oder hat einfach keinen Bock, sich mit dem Problem zu beschäftigen. Oder will sich unauffällig Zeit verschaffen.
„Chefin, ich hab da ein Problem!“
„Aha. Was schlagen sie denn als Lösung vor?“
„Naja, wenn ich eine Lösung hätte, hätte ich es doch gelöst?!“
5. Der Zufallsgenerator
Er verwendet einen inneren Entscheidungswürfel: Ja, Nein, Vielleicht, ach, wir machen es doch so, wie Sie am Anfang vorgeschlagen hatten. Blöd nur, wenn der Zufallsgenerator öfters beim selben Projekt zuschlägt: „Wie jetzt, letztes Mal wollten Sie doch genau das Gegenteil…??“
6. Der All-in-one
Ihr ahnt es schon: Der übelste aller Nicht-Entscheider hat sich im Laufe der Evolution die Fähigkeiten all der obengenannten Arten auf die Festplatte geschafft. Er ist der Nicht-Entscheider in Hochform. Und das sieht dann ungefähr so aus:
* Ich bin zwar im Herzen Feministin, aber gleichzeitig Anhängerin des Sprach-Gurus Wolf Schneider (was ein Widerspruch ist, ich weiß – ich hab ihn kennengelernt, den alten Haudegen 🙂 ). Damit also auch Verfechterin einer klaren, verständlichen Sprache. Und deshalb verzichte ich in meinen Texten auf jegliches Innen, _innen, /innen usw. Einfach, weil es sich scheiße liest. Trotzdem sind Frauen und alle, die irgendwo dazwischen liegen, immer mitgemeint. Auch wenn ihr realer Anteil an Entscheiderpositionen immer noch unterirdisch ist.
[…] schneller Entscheidungen (was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist, wenigstens ist er kein Nicht-Entscheider). The Donald lässt sich nicht reinreden: „Man kann ihm alle möglichen Ratschläge geben, […]