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Eine Brille für Nerds

Ich sitze ja wirklich stundenlang vor dem Bildschirm, lese, schreibe, maile, twittere und so weiter. Abends gucke ich dann womöglich noch Netflix am Rechner… 😛 Dass das nicht gesund ist und mein Augenlicht anfängt zu schwächeln, ist mir selbst schon aufgefallen.

Um so mehr freute ich mich, als ich im Zuge einer Blogger-Aktion zu einer Bildschirmbrille* kam. (Vor ein paar Jahren hatte ich von einer Kollegin überhaupt erst erfahren, dass es sowas gibt.)

Dabei mag ich eigentlich keine Brillen. Ich war nämlich seit meiner Kindheit ein ziemlicher Blindfisch. Das kam vor allem vom vielen Lesen. (Ich war das Kind, das auf dem Schulweg gegen die Laterne dotzt, weil es vergessen hat, vom Buch hochzugucken.) Außerdem hatten wir im Osten eher nicht so die modischen Brillengestelle…

Kontaktlinsen gingen nur ein paar Jahre, dann war das auch vorbei.
Vor ungefähr 15 Jahren hatte ich mir – damals noch für viel Geld – beide Augen lasern lassen. Endlich ohne Brille! Als ich am Tag nach der Laser-OP die Augen aufschlug und zum ersten Mal ohne Sehhilfe die Uhrzeit auf dem Wecker erkennen konnte, war das ein erhebender Moment.
Naja, jetzt also wieder Brille.

Ja, wie gucken Sie denn?

Da mein Brillensponsor nichts dem Zufall überlassen wollte, schickte er mich ans andere Ende der Stadt zum Haus der Optik in Lankwitz, wo mir ziemlich schnell klar wurde, was hier gespielt wurde: Augenscheinlich (hehe!) sollte ich den Ferrari unter den Bildschirmbrillen bekommen. Denn ich wurde erst mal sehr ausführlich befragt, vermessen und getestet.

Und zwar überaus zuvorkommend und professionell. Als Berlinerin brachte mich das richtig ins Schwitzen. Was’n hier los? Kundenservice! Dit bin ick jar nich jewöhnt! 😀

Die ausführliche Beratung und Vermessung war auch nötig, denn im Gegensatz zu billigen Gläsern aus Asien werden hochwertige Brillengläser für den Kunden maßgeschneidert: Nicht nur die Fehlsichtigkeit ist nämlich bei jedem Menschen verschieden, sondern auch der Augenabstand und der Augendrehpunkt. (Ich war ja seit 15 Jahren nicht mehr beim Optiker und war ziemlich beeindruckt, was für eine Technik da aufgefahren wurde.)

Zunächst mussten der Optiker Herr Gebauer und ich erst mal herausfinden, was für eine Art von Bildschirmbrille für mich am besten ist. Man hat die Wahl zwischen drei „Reichweiten“ für unterschiedliche Sehanforderungen:

  • Bildschirm, Tastatur und Schreibtisch
  • Bildschirm, Tastatur, Schreibtisch und mal zum Kollegen/Kunden aufschauen
  • Bildschirm, Tastatur, Schreibtisch, zum Kollegen/Kunden aufschauen und im Meeting eine Präsentation wahrnehmen können

Je weiter die Bildschirmbrille allerdings reicht, desto schmaler wird der Bereich, in dem man scharf sehen kann. Ich entschied mich für die erste Variante, weil ich einen ziemlich breiten Schreibtisch habe, den ich gern überblicken können wollte. Kollegen, zu denen ich aufschaue, habe ich ja nicht im Home Office. Und von Präsentationen bleibe ich in der Regel auch verschont. 😛

An dieser Stelle wird schon klar: In jedem Glas gibt es mehrere Sehzonen, z. B. für den Bildschirm und die Tastatur. Ergo ist die Bildschirmbrille eine Gleitsichtbrille. Ich hatte schon von einigen Leuten gehört, dass es nicht so einfach ist, damit klarzukommen. Aber dazu später mehr.

Während des Beratungsgesprächs machte Herr Gebauer den Eindruck, ziemlich happy mit seinem Job zu sein. Ich mag ja happy working people, deshalb hab ich direkt mal ein kleines Interview mit ihm geführt, dass ich jetzt hier einfach für Euch dazwischenschiebe:

Interview: Was Sie schon immer von einem Optiker wissen wollten…
Büronymus: Sie haben eine schöne Brille auf. Muss man eigentlich als Optiker eine Brille tragen?

Herr Gebauer: Als ich in dem Job angefangen habe, hatte ich keine Brille. Bei uns muss man als Optiker keine Brille tragen, bei einigen Ketten ist es Pflicht. Natürlich ist es gut, wenn man die Erfahrung selbst mal gemacht hat, eine Brille zu tragen.

Sie wirken rundum zufrieden. Was mögen Sie an Ihrem Beruf?

Ja, mein Job macht mir Spaß. Vor allem die Vielfältigkeit: Man hat mit Beratung zu tun, mit Mode, es gibt eine menschliche Komponente, aber auch eine wissenschaftliche, zum Beispiel bei den Messungen. Man bekommt auch Einblick in betriebswirtschaftliche Abläufe, Administration, Werbung. Und dann ist es natürlich ein Handwerk. Man hat schnell ein Ergebnis, das mag ich auch. Ein großes Projekt, was über 15 Jahre geht, das wäre nichts für mich. So wie der BER. 😀

Und wie sehen Sie Ihre berufliche Zukunft?

Positiv. Als Augenoptikermeister hat man ein gutes Auskommen. Und wenn man engagiert ist und arbeiten will, dann findet man immer einen Job. Ich kenne keinen arbeitslosen Augenoptiker. Wenn man will, hat man bis zum Renteneintritt Arbeit.

Merken Sie die Konkurrenz aus dem Internet

Ja, die Konkurrenz merken wir. Aber wir können uns behaupten. Wenn der Kunde in den Laden kommt, beraten wird, dann vermessen wir ihn mit dem Wave Analyzer auf Zehntel Millimeter genau – das findet er nicht im Netz. Dort kann man sich höchstens ein Lineal ausdrucken, um selbst den Augenabstand zu messen. Das ist kein Vergleich. Es muss einem auch klar sein, dass eine falsche Brille durchaus Schaden anrichten kann: beispielweise Kopfschmerzen, die dann ausstrahlen auf Nacken und Schultern.

Haben Sie einen ultimativen Optikertipp für die Büronymus-Leser?

Gerade hochwertige Brillen müssen richtig gepflegt werden. Dazu darf man kein heißes Wasser und kein grobes Tuch verwenden. Auch die feuchten Brillenputztücher aus der Drogerie können die empfindliche Beschichtung der Gläser beschädigen. Außerdem ziehen sie die Weichmacher aus dem Gestell. Dann hat man einen weißen Belag drauf.

Am besten putzt man mit normalem Spüli, lauwarmem Wasser und einem weichen Brillenputztuch aus Mikrofaser. Gibt es ebenfalls in der Drogerie. Vor dem Putzen sollte man erst den Staub abspülen. Sonst gibt es Kratzer. Und bitte die Brille auch nicht aufs Armaturenbrett im Auto legen. Da kann es im Sommer über 65 °C heiß werden – nicht gut für die Gläser!

Ihr seht, der Mann kennt sich aus. 😉

Testphase

Cut. Icke am Schreibtisch mit der Bildschirmbrille.
Uiuiui! Ich bin am Anfang gar nicht klargekommen. Davor, dass es mit der Auge-Hand-Koordination zunächst schwierig werden würde, hatte der Optiker mich schon gewarnt. Trotzdem war es komisch, am Anfang neben die Computermaus zu greifen. Das war aber am dritten Tag vorbei. Auch, dass ich beim Aufstehen die Brille abnehmen muss, um nicht irgendwo gegenzulaufen, war anfangs gewöhnungsbedürftig. 😀

Überhaupt: Brille auf – Augen müssen sich umstellen. Brille ab – Augen müssen sich wieder umstellen. Von dem versprochenen Zen-Effekt für die Augen war nichts zu merken. Es war eher anstrengend.

„Verdammt“, dachte ich nach einigen Wochen. Ich hatte mich wirklich auf die Brille gefreut und fand sie auch ganz schick. „Soll ich die teure Brille einfach in die Ecke werfen? Und nicht darüber bloggen?“

Doch, ich blogge darüber, weil ich glaube, dass es für viele von Euch Bildschirmnerds wichtig sein könnte. Und auch, weil ich nach über drei Monaten sagen kann: Durchhalten lohnt sich. Die Brille entlastet tatsächlich meine Augen. Ich setze sie vor allem auf, wenn ich längere Zeit am Stück schreibe, so wie jetzt gerade. Oder bei der Arbeit an meinem Buch.

Es braucht einfach Zeit, sich daran zu gewöhnen. Aber dann ist es angenehm; meine Augen müssen sich weniger anstrengen.

Vor allem bin ich heilfroh, überhaupt zum Optiker (und später zum Augenarzt) gegangen zu sein. Spätestens, wenn man feststellt, dass der Arm beim Einkaufen immer länger wird, weil man das Kleingedruckte auf den Verpackungen kaum noch entziffern kann… Das Alter und so. Nebenbei wurde übrigens festgestellt, dass ich wieder leicht kurzsichtig bin und auch zum Autofahren eine (weitere) Brille brauche.
Für mich persönlich war das wieder mal ein Fingerzeig in Richtung Selbstfürsorge:

Wenn Du das Gefühl hast, Du siehst nicht richtig, dann kümmere Dich gefälligst darum.

Das lege ich auch Euch ans Herz. Erst recht, wenn Ihr viel am Bildschirm arbeitet und/oder über 40 seid. Lasst Euch beraten, was für eine Art Brille für Euch in Frage kommen würde.

Für mich macht die Bildschirmbrille Sinn, da ich nun mal sehr viel Zeit vor dem Bildschirm verbringe. Es hat zwar lange gedauert, bis ich damit klargekommen bin – aber jetzt bin ich sehr froh, dass ich sie habe.

Details zur Brille:

  • Hersteller: Essilor
  • Gläser: Varilux Digitime Plus N Ormix
  • Crizal Forte UV
  • Precal

(Das bedeutet: Die Gläser sind dünner und leichter, haben 100 % UV-Filter ohne Abdunkelung, die beste Härtung sowie einen Lotuseffekt mit antistatischer Wirkung für eine leichte Reinigung.)
Tipp: Für festangestellte Bildschirmarbeiter zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zur Bildschirmbrille.

Update: Nach nunmehr 5 Monaten spüre ich wirklich den vom Hersteller versprochenen Zen-Effekt. Mit Brille arbeitet es sich entspannter. Es dauert also u. U. tatsächlich sehr, sehr lange, bis man sich an eine Gleitsichtbrille gewöhnt. Dies nur als Tipp: Nicht aufgeben! 🙂

*Die Bildschirmbrille wurde mir von der Firma Essilor für diesen Test (und darüber hinaus) gesponsert. Weder bestand eine Verpflichtung, einen Testbericht zu schreiben, noch wurde Einfluss auf dessen Inhalt ausgeübt. Lediglich die Interviewpassagen habe ich wie üblich vom Interviewpartner freigeben lassen.
Foto: Unsplash, Sebastian Mantel

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11 Kommentare

  1. Ich kann nur bestätigen, was du berichtest. Ohne meine Arbeitsplatzbrille wäre ich völlig aufgeschmissen. Nur wenn man damit mal aus Versehen aufs Fahrrad steigt, werden die Dinge schwierig. 🙂

    • Einen Ratgeber, wie man sich aus dem falschen Job befreit.

        • Ich glaub, da können einige ein Liedchen von singen. 😉 Aber viele stecken fest…

  2. […] weiß natürlich, dass der Berliner an sich nicht zum Dienen geboren ist – und wahrhaft großartiger Service ist sehr selten. Fühlt sich aber trotzdem super an, wenn man als Kunde geschätzt […]

  3. Interessant, dass eine Bildschirmbrille oftmals eine Gleitsichtbrille ist. Aber es ergibt Sinn, da man ja auch immer wieder vom Bildschirm wegsehen muss. In meinem Job bräuchte ich eigentlich nur die erste Variante, ich bin mir aber nicht sicher, ob das so angenehm wäre, niemals vom Schreibtisch wegzusehen.

    • Lydia

      Am besten tatsächlich mal beraten lassen. Hängt davon ab, ob man mit Kunden zu tun hat, in Meetings usw. Ein guter Optiker fragt das ab und erstellt daraus das Sehprofil.

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