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HORGs sind tot – sie wissen es nur noch nicht

Sonst interviewe ich ja meistens andere – heute früh aber hatte ich das Vergnügen, live zu Gast beim Publizisten und Wirtschaftsjournalisten Gunnar Sohn zu sein. Natürlich nur virtuell – heute machste so’n Sommerinterview ganz entspannt in the comfort of your own home. Untenrum in Jogginghose, sozusagen.
In Anbetracht der Tatsache, dass mich nach einer schlafarmen Nacht nur zwei große Tassen Kaffee wachgehalten haben, war es eine ziemlich spritzige Unterhaltung. 🙂

Gunnar kenne ich als Unterstützer meines Crowdfunding-Projekts zum Kollegen-Quartett „Kampf der Abteilungen“. Wir folgen einander auf Twitter, ich mag seine Interviews (z. B. dieses hier mit Ex-Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger). Außerdem sind wir beide Ex-Pressesprecher und – wie wir im Interview herausgefunden haben – haben wir wohl beide eine gewisse anarchistische Ader. 😉
Gunnar hat mich zu meinen fünf Thesen über HORGs (Hierarchie-Organisationen) befragt:

  1. Viele Unternehmen in Deutschland sind mit ihrer Unternehmenskultur in den 50er Jahren steckengeblieben.
  2. HORGs haben starke Ähnlichkeit mit dem DDR-System (oder einem sonstigen repressiven System), wie ich hier beschrieben habe.
  3. Unter anderem deshalb machen HORGs Angestellte krank.
  4. HORGs sind verdammt ineffektiv.
  5. Und (die einzig gute Nachricht): HORGs sterben aus.

Für mich ist im Laufe unseres Gesprächs noch mal deutlich geworden, dass HORGs immer mehr unter Druck geraten: durch Kunden, Mitarbeiter, die (Netz-)Öffentlichkeit, wirtschaftliche Probleme wie fehlende Innovationsfähigkeit – leider allerdings noch viel zu wenig durch Medien und Gesetzgeber. Das wollen Gunnar Sohn und ich ändern.
Für alle, die das Interview verpasst haben, hier die Aufzeichnung. Viel Spaß!

Service:
Für diejenigen unter Euch, die wenig Zeit haben oder ungeduldig sind (wofür ich vollstes Verständnis habe), hab ich ein Inhaltsverzeichnis mit Timecodes gebaut:
6:00 Hier geht’s los, vorher reden wir über Technik. 🙂 Kampf der Abteilungen: Was das Spiel über HORGs erzählt
10:55 Auch Mittelständler können HORG sein
15:30 Start-ups sind nicht unbedingt Vorbilder bei Unternehmenskultur
21:10 Sponti-Geist in HORGs: nur für maximal 2 Tage, dann geht’s wieder zurück ins Glied
24:48 Stabilisiert die Digitalisierung HORGs oder ist sie eher ein Brandbeschleuniger?
27:50 Welche Rolle spielen Kunden für HORGs?* (Hier versteckt sich ein unbeabsichtigter Flachwitz – wer ihn findet, bitte in die Kommentare schreiben.) 😉
31:44 Werden Mitarbeiter tatsächlich mit den Füßen abstimmen?
34:00 Es gibt auch Leute, die sich in einer HORG wohlfühlen.
36:33 Unternehmensdemokratie, „Überreaktionen“, Ende der HORGs
38:40 Zuschauerfrage: Ist gesetzlicher Zwang nicht ein Irrweg?
40:40 Druck auf HORGs von allen Seiten
43:48 Was hat Dich bewogen, die HORG zu verlassen? (Hier wird’s persönlich.)
46:21 Unsägliche Sprache/Business Bullshit
48:35 Zuschauereinwurf: Sorry, so schnell werden die HORGs nicht eingehen…
49:54 Zuschauerfrage: Langfristig sind wir alle tot – wie lange wird’s denn nun dauern, bis HORGs verschwunden sind?
***dazwischen war ich kurzzeitig etwas müde***
01:00:40 Wie geht’s weiter mit Deiner Arbeit? ***wache wieder auf***
01:02:57 Zuschauerzuschrift: Chefgeschichte
01:05:44 Schlusswort mit fiesem Zitat
*Ach ja, und das hier ist übrigens der skurrile Haushaltsgeräte-Werbefilm, den ich im Interview erwähne. *hüstel*

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14 Kommentare

  1. Ich glaube, dass aus Gründen, die hier: https://www.buch7.de/store/product_details/105137339 recht gut beschrieben sind, die Motivation „Change or you will die“ so gut wie niemanden bewegt, irgendwas zu verändern, sobald es ihm auch nur die kleinste Schwierigkeit bereitet.
    Man könnte das die „Burning-Platform-Theorie“ über Change nennen: Wenn’s heiß genug ist, wird schon was geschehen. Dass das nicht so ist, zeigt Alan Deutschman für mich sehr überzeugend und anschaulich. Und das heißt in der Konsequenz für mich: Alle Versuche, Unternehmen vorzurechnen oder vorzupredigen, dass sie sich verändern müssen, wenn sie überleben wollen, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. – Versuchen derzeit aber viele genau auf diesem Weg.
    Was ich aber mitnehme aus diesem abwechslungsreichen Gespräch, ist der schöne Ausdruck „HORG“. Der wird sich etablieren, könnte ich mir jedenfalls vorstellen. Schöne Erfindung! 🙂

    • Interessant, danke für den Buchtipp. Wann soll ich das bloß alles lesen?? 🙂 Ehrlich gesagt ist das auch meine persönliche Erfahrung, dass der Appell „Change or die“ nicht funktioniert – wie alle Appelle. Kennt man ja von den Patienten, denen gerade das Raucherbein abgenommen wurde und die rauchend vor dem Krankenhaus stehen. Deshalb glaube ich ja, dass „dying“ die Prognose ist für HORGs. Ich bin auch ein bisschen stolz auf den Begriff. Klingt so verkorkst. Und das passt ja. 😉

  2. Hat dies auf Ich sag mal rebloggt und kommentierte:
    Mit feinen Sprunkmarken als Navigator für das heutige #BonnerSommerinterview

  3. marklambertz

    Wir hatten das ja schon via Twitter 🙂
    HORG = Honk <3
    Ich nehme es auf jeden Fall ins persönliche Poesiealbum auf und werde die Quelle angeben.

  4. Skully

    Bist du nun Hermine? Horg erinnert mich an die Horkruxe die Harry P und Hermine einst jagten…
    Gibt ed eigentlich den Begriff ‚Management by out‘ noch? Als ich vor vielen Jahren eine Abteilung in einem mittelständischen Betrieb leitete, wurde die Firma vom Inhaber an einen Branchriesen verkauft. Wir waren sieben Abteilungsleiter und ein Betreiebsleiter. Alle ungefähr gleich alt und der Laden brummte.
    Leider wusste nur der Betriebsleiter vom Verkauf und er versuchte sechs Millionen aufzutreiben um den Laden zu übernehmen. Hat er nicht bekommen.
    Hinterher habe ich ihm seine Handlung vorgeworfen, da wir acht das Geld locker zusammen gebracht hätten und den Betrieb im Management by out führen wollten.
    Schade um die verpasste Gelegenheit wegen eines einzigen Egoisten mit eingeschränktem Horizont…
    Gibt’s das also heute noch bzw. einen anderen Begriff?
    Mehr Hierarchie hatten wir damals in diesem Betrieb im Übrigen nicht.

    • Ja, gibt’s noch. Management buyout, wobei ich auch eher für Belegschaft buyout wäre. Da gibt es einige sehr erfolgreiche Beispiele.

  5. Das Vid ist ja echt ein Running-Gag: Ich habe das gestern gleich mal auf Facebook geteilt nach meinem Motto :-)))) Ich checke mal in and out direkt in den Kühlschrank oder den Backofen. Aber das komplette Interview mit Gunnar Sohn war natürlich interessant. Vielleicht kommt Ihr ja nochmal zusammen für ein zweites Interview.

  6. Hallo, ich habe Ihr Interview noch nicht zu Ende angesehen. Aber falls diese Manager das Ernst meinen sollten, dann ist dieser Werbefilm ja besser als jede Comedy! Erinnert stark an Loriot. Perfekte Realsatire!
    Übrigens ne klasse Website, die Sie da haben!
    Allerlei realsatirische Themen reflektiert und sprachlich treffend aufbereitet. Richtig gut!

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